Wie die Schilddrüse dein Gehirn beeinflusst
Die Verbindung zwischen Schilddrüse und Gehirn: Ein faszinierender Blick auf Gesundheit und Wohlbefinden
Das Gehirn ist zweifellos eines der komplexesten Organe des menschlichen Körpers. Es hat die erstaunliche Fähigkeit, sich funktional zu restrukturieren und im Laufe des Lebens anzupassen – sei es durch Lernen, Erfahrungen, Verletzungen oder Umweltfaktoren. Diese Fähigkeit, sich selbst zu reorganisieren und funktionale Veränderungen zu induzieren, nennt man Neuroplastizität. Sie ermöglicht uns, neue Fähigkeiten zu erlernen, Erinnerungen zu bilden, neue Gewohnheiten zu entwickeln und uns an Veränderungen anzupassen.
Was viele jedoch nicht wissen: Auch die Schilddrüse spielt eine entscheidende Rolle für das Gehirn. Über eine sogenannte Feedback-Schleife, die als hypothalamisch-pituitär-schilddrüsen Achse (HPT-Achse) bekannt ist, kommuniziert die Schilddrüse mit dem Gehirn. Dies ist eine komplexe Verbindung, die wichtige Auswirkungen auf unsere geistige Gesundheit und kognitive Leistungsfähigkeit hat.
Die Hypothalamus-Hypophyse-Schilddrüsen-Achse: Ein Feinabstimmungsmechanismus
Die HPT-Achse ist ein fein abgestimmtes System, bei dem der Hypothalamus und die Hypophyse (Teile des Gehirns) mit der Schilddrüse kommunizieren, um den Hormonhaushalt aufrechtzuerhalten. Der Hypothalamus produziert ein Hormon, das die Hypophyse anregt, das Schilddrüsen-stimulierende Hormon (TSH) freizusetzen. Dieses regt wiederum die Schilddrüse zur Produktion der Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) an. T4 wird in den Geweben, einschließlich des Gehirns, in das aktive Hormon T3 umgewandelt.
Wenn der Hormonspiegel zu niedrig ist, erhöhen Hypothalamus und Hypophyse die Produktion von TRH und TSH, um die Schilddrüsenhormonproduktion anzukurbeln. Umgekehrt wird bei einem hohen Hormonspiegel die Produktion gedrosselt. Diese Balance ist entscheidend, da ein Ungleichgewicht zu Schilddrüsenstörungen wie Hypothyreose (Unterfunktion) und Hyperthyreose (Überfunktion) führen kann – und beide Zustände haben enorme Auswirkungen auf die Gehirnfunktion.
Schilddrüsenhormone und Neuroplastizität: Die Rolle von T3
Schilddrüsenhormone wie T3 und T4 regulieren viele Körperfunktionen, aber auch die Neuroplastizität im Gehirn. Eine Studie aus dem Jahr 2019 hat gezeigt, dass T3 die Plastizität nach einem Schlaganfall fördern kann, indem es den unbeschädigten Gehirnbereich dazu anregt, die Funktionen des geschädigten Bereichs zu übernehmen. Diese Erkenntnisse zeigen das Potenzial von T3, Menschen bei der Wiederherstellung von Gehirnfunktionen nach einem Schlaganfall zu helfen.
Schilddrüsenhormone und die Entwicklung des Gehirns: Der Einfluss vor der Geburt
Die Wirkung der Schilddrüsenhormone beginnt bereits vor der Geburt. Während der Schwangerschaft sind sie entscheidend für die Entwicklung des fetalen Gehirns und unterstützen das Wachstum und die Migration von Gehirnzellen, die Bildung von Verbindungen und die Entwicklung der Myelinschicht, die die Nervenfasern isoliert und Signalübertragungen verbessert. Ein Mangel an Schilddrüsenhormonen in dieser Phase kann die kognitive Entwicklung beeinträchtigen. Daher ist eine ausreichende Jodzufuhr für werdende Mütter essenziell, denn Jod ist ein wichtiger Bestandteil der Schilddrüsenhormone.
Schilddrüsenhormone und das erwachsene Gehirn
Die Bedeutung der Schilddrüse endet nicht mit der Kindheit. Auch im Erwachsenenalter beeinflussen ihre Hormone die Gehirnfunktion, insbesondere den Schlaf-Wach-Rhythmus, das Gedächtnis und die Stimmung. Sie beeinflussen die Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin, die für die Regulierung unserer Emotionen eine wichtige Rolle spielen. Ein Ungleichgewicht der Schilddrüse kann daher zu Stimmungsschwankungen und Depressionen führen. Insbesondere Hypothyreose ist oft mit Symptomen wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit und depressiven Verstimmungen verbunden, die die Lebensqualität stark beeinträchtigen können.
Schilddrüsenhormone und kognitive Funktionen
Über das Leben hinweg spielen Schilddrüsenhormone auch eine Rolle für kognitive Funktionen wie Lernen und Gedächtnis. Sowohl eine Unterfunktion als auch eine Überfunktion der Schilddrüse können die geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Bei Hypothyreose kann es zu Vergesslichkeit, Konzentrationsproblemen und verlangsamtem Denken kommen. Bei Hyperthyreose hingegen kann eine Überstimulation des zentralen Nervensystems Symptome wie Gedankenrasen, Unruhe und schlechte Entscheidungsfähigkeit hervorrufen.
Schilddrüsenerkrankungen und neurologische Bedingungen
Einige Schilddrüsenerkrankungen stehen im Zusammenhang mit neurologischen Störungen:
1. Alzheimer-Krankheit: Studien deuten darauf hin, dass Hypothyreose das Risiko für Alzheimer erhöhen kann. Da Schilddrüsenhormone an der Stoffwechselregulation von Amyloid-Beta beteiligt sind – einem Protein, das mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht wird –, besteht eine enge Verbindung.
2. Bipolare Störung: Ein Ungleichgewicht in der HPT-Achse kann eine Rolle bei der bipolaren Störung spielen. Hypothyreose tritt bei Menschen mit bipolarer Störung häufig auf, und Lithium, ein Medikament zur Behandlung dieser Erkrankung, kann Hypothyreose verschlimmern oder sogar auslösen.
3. Migräne: Migräne, die weltweit Millionen Menschen betrifft, kann ebenfalls mit Schilddrüsenproblemen zusammenhängen. Hypothyreose scheint das Risiko für Migräne zu erhöhen, möglicherweise aufgrund von Veränderungen im Neurotransmitterhaushalt und der Gefäßfunktion.
Zusammenfassung
Die Schilddrüse und das Gehirn sind auf beeindruckende Weise miteinander verbunden. Schilddrüsenhormone spielen eine entscheidende Rolle in der Gehirnentwicklung, der Neuroplastizität und der Regulierung von Emotionen und kognitiven Funktionen. Eine Störung der Schilddrüsenfunktion kann tiefgreifende Auswirkungen auf das Gehirn haben, was die Notwendigkeit unterstreicht, auf die eigene Schilddrüsengesundheit zu achten.
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